Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt hat am Mittwoch, 15. Mai, den Gegenvorschlag zur Initiative «Basel baut Zukunft» gutgeheissen. Ivo Balmer, SP-Grossrat und Mitglied des Initiativkomitees gab in der Debatte über den Gegenvorschlag namens der SP-Fraktion folgende Erklärung ab, die wir auszugsweise hier wiedergeben.
Heute ist ein historischer Tag für die Basler Wohnpolitik, heute ist aber vor allem ein guter Tag für alle Mieter:innen, die schon da sind, und für alle Menschen, die in Zukunft noch nach Basel ziehen möchten.
Heute ist ein historischer Tag, an dem neue wohnpolitische Grundsätze in diesem Kanton endlich gesetzlich verankert werden. Heute ist aber vor allem auch das Ende einer beinahe unendliche politische Aushandlungsgeschichte.
Heute hat es dieser Rat in der Hand. Heute debattiert Basel Zukunft.
Den Grundstein dafür legten – wie so oft in wohnpolitischen Angelegenheiten – zivilgesellschaftliche Akteur:innen. Es waren Aktivistinnen um den Verein Zukunft.Klybeck, welche sich von Beginn weg – gefragt und ungefragt – an den öffentlichen Mitwirkungsveranstaltungen zum städtebaulichen Leitbild des Megaprojekts KlybeckPlus engagierten. Die Nachwehen der städtebaulichen Ursprungsvisionen von Rheinhatten steckten damals noch vielen zu tief in den Knochen.
Vor ziemlich genau fünf Jahren, am 22. Mai 2019, kam der grosse Knall. Novartis verkaufte ihren Arealteil im Klybeck an die Central Real Estate Gruppe, heute bekannt unter Rhystadt. Ein paar Wochen später folgt BASF mit dem Verkauf an die Swisslife. Der Kanton hatte nicht gekauft. Schnell wurde eine Initiativgruppe gebildet, vereint in der Sorge, dass der Kanton eine Riesenchance verpasst hat und sich nun viel stärker bei der Entwicklung der sogenannten Transformationsareale einbringen muss, damit eine klimagerechte, partizipative und bezahlbare Stadtentwicklung möglich wird.
50 Prozent Kostenmiete, klimaneutral und Partizipation
Im Sommer 2020 wurde die Initiative eingereicht; im Winter 2020 wurde sie das erste Mal im Grossen Rat traktandiert. Zum Jahresanfang 2021 war klar: Die Initiative wird vor das Appellationsgericht gezerrt. Die Folge: ein Jahr Stillstand im politischen Prozess. Dem Initiativkomitee wurde es nicht langweilig. Es wälzte Gerichtseingaben und schärfte die Argumente mit jeder Replik. Und es ermittelte den verrückten Kaufpreis von 1.2 Milliarden Franken.
Endlich kam im Frühling 2022 ein sonnenklares Urteil: Die Volksinitiative «Basel baut Zukunft» ist in allen Teilen zulässig. Das Gericht erachtet die gestellten Forderungen als geeignete Massnahmen, um die darin angestrebten Ziele zu erreichen. Die Initiative verletzt weder die Wirtschaftsfreiheit noch stellt sie unzumutbare Eingriffe in die Eigentumsrechte dar.
Der Regierungsrat und Verwaltung konnten sich nun endlich mit der Initiative auseinandersetzen. Im Sommer 2023 der erste Gegenvorschlag wird präsentiert. Aus Sicht des Initiativkomitees bestand erheblicher Nachbesserungsbedarf, damit ein Rückzug der Initiative überhaupt denkbar wird. Das war die Aufgabe der Bau- und Raumplanungskommission, zumindest der Hälfte, die mit den Anliegen der Initiative sympathisierten. Ich möchte an dieser Stelle auch die Kooperationsbereitschaft der bürgerlichen Kolleg:innen hervorheben. Es gelang, den gordischen Knoten zu zerschlagen, indem drei wohnpolitische Pfeiler verstärkt und aufgebaut wurden.
Preisgünstiger Wohnraum = dauerhafte Kostenmiete
Was haben wir über Definitionen in diesem Rat und in der Öffentlichkeit schon gestritten. Was haben wir alles gehört: Kostenmiete ist gesetzlich nicht bestimmbar, Kostenmiete ist zu einschränkend. Endlich haben wir nun aber die Definition für den preisgünstigen Wohnungsbau, wie sie viele Schweizer Städte kennen. Der marktorientierte Basler Sonderweg ist damit beendet.
Was mich besonders freut: Nun sind auch renditeorientierten Immokonzerne angehalten, Wohnungen in Kostenmiete zu erstellen und dauerhaft zu vermieten. Nehmen Sie es sportlich, auch Sie werden die langfristigen Vorteile der Kostenmiete noch schätzen lernen. Es wird Sie zumindest im preisgünstigen Anteil vom nervigen Renditezwang befreien.
Automatismus für kostengünstigen Wohnraum
Neu gibt es automatisch mindestens einem Drittel gemeinnützigen Wohnraum auf Arealen in Transformation, für die ein Anteil Wohnen festgelegt wird und deren Planungsperimeter grösser als 15’000 m2 ist.
Ja. Diese Beschränkung auf 15’000 m² drohte den Kompromiss immer wieder zum Einsturz zu bringen. Es brauchte viel Ausdauer und den Aufbau eines weiteren Pfeilers:
Weitere wohnpolitische Massnahmen
Es wird eine gesetzliche Grundlage für wohnpolitische Massnahmen in Bebauungsplänen geschaffen. Auch das ist eine mehrfach eingebrachte Forderung. Sie wurde verbunden mit dem Zielwert von mindestens 25 Prozent preisgünstigem Wohnraum bis 2050. Diese Vorgabe kennen wir aus der Umsetzungsvorlage des Verfassungsauftrags «Recht auf Wohnen». Nun haben wir sie im Bau- und Planungsgesetz verankert. Die 25 Prozent sind ein gesamtkantonaler Durchschnittswert. Es kann also situativ (nach oben und nach unten) auch auf kleineren Bebauungsplänen regiert werden.
Heute haben wir die Chance diese wichtigen wohnpolitischen Grundsätze endlich auch in unserem Kanton gesetzlich zu verankern. Die SP-Fraktion reicht hierzu die Hand, sofern keine Änderungsanträge eingehen.
Bauen wir gemeinsam an der Zukunft für einen Kanton für alle!